Mehr als 775 Jahre reicht die Geschichte Niederschindmaas‘ zurück. Und über all die Jahrhunderte war die Kirche samt der Menschen, die sich dort Woche für Woche zum Gottesdienst versammelten, ein Ort, an dem Freud und Leid geteilt wurden: Über Generationen haben sich hier junge Paare das „Ja“-Wort gegeben, wurden Kinder getauft und nahmen Angehörige Abschied von ihren Verstorbenen; haben Menschen Gott in ihren Gebeten ihre Sorgen dargebracht und für das erlebte Glück gedankt. Bis heute. Und so ist die Kirchengemeinde zweifellos der älteste „Verein“ im Ort.
Wie in der „Neuen Sächsischen Kirchengalerie“ von 1910 zu lesen ist, gehörte Niederschindmaas kirchlich einst zum Dorf Scheidenbach, das im Schönburgischen Bruderkrieg zerstört wurde. Daraufhin war keine eigene Pfarrstelle mehr zu halten, so dass die Kirchengemeinde eine Filiale von Mosel wurde – anders als die Kirchengemeinde von Dennheritz, die wiederum von Meerane aus betreut wurde.
Die Reformation wurde demnach 1529 in Mosel und Niederschindmaas eingeführt durch eine Kirchenvisitation von Martin Luthers Weggefährte Georg Spalatin. Erster evangelischer Pfarrer war Johann Schilling. Anders als heute wurde damals der Chronik zufolge an jedem Sonn- und Festtag gepredigt. Allerdings mussten die Gottesdienstbesucher zeitweise besonders früh aufstehen: Im Sommer 5.00 Uhr, im Winter 6.00 Uhr morgens, teils wurde aber auch mittags oder nachmittags Gottesdienst gefeiert.
Wann die Niederschindmaaser Kirche genau erbaut wurde, ist nicht bekannt. In der „alten Kirchengalerie“ heißt es: „Die Kirche scheint vor alters, ihrer Bauart nach, nur in einer Kapelle bestanden zu haben, ist aber im Jahre 1583 mit einem hohen Turme und 1727 mit einer schönen Vorhalle, einer Orgel und einer Emporkirche versehen worden.“
Ihren Ursprüngen nach geht die Kirche auf die Romanik zurück. Besonders pittoresk gestaltet sich das Innere nicht nur durch die barocke Kassettendecke, sondern auch durch die im 18. Jahrhundert geschaffenen Gemälde an der Empore. Dort hat der Glauchauer Künstler Johann August Thomä Geschichten aus dem Alten Testament verewigt, darunter die Erschaffung des Menschen und der Sündenfall, ebenso wie die in letzter Minute verhinderte Opferung Isaaks. Ein Blickfang ist auch das Altarfenster, das den auferstandenen Jesus zeigt, der über den Tod triumphiert. Es wurde vom Mühlenbesitzer Louis Engelmann gestiftet und 1900 von Richard Schlein in Zittau geschaffen. Das Innere der Kirche vermittelt „bis auf die nach der Wende verlegten Bodenfliesen, einen stimmigen und geschlossenen Eindruck“, lautete das Urteil der Baupflegerin beim Kirchenamt in Chemnitz. Probleme bereiten aber Schwammschäden an der Decke, die durch unsachgemäße Sanierung zu DDR-Zeiten verstärkt wurden. Die Kirchengemeinde wird daher nicht umhin kommen, hier in nächster Zeit noch einmal Geld und Arbeit zu investieren.
Gebaut wurde über die Jahrhunderte immer wieder – nicht ganz freiwillig. So schlug am 14. Juli 1826 ein Blitz in den Turm ein und richtete erheblichen Schaden an; 1872 beschädigte ein Erdbeben Gewölbe und Altarraum. Infolgedessen wurden unter anderem die Fenster vergrößert, so dass mehr Licht ins Innere der Kirche gelangt; Altar, Kanzel, Taufstein, Orgel und Sakristei wurden auch komplett erneuert. Dabei wurde der Altar aus Zement gemauert und mit einer Marmorplatte versehen. Auch hierbei taten sich großzügige Spender auf, wie die Inschrift bezeugt: „1872. Gewidmet von den Herren Gutsbesitzern Johann Gottlieb Schubert und Ernst Heinrich Stein.“ Der Taufstein aus Serpentin und einem Becken aus Zinn wurde vom Mühlenbesitzer Christoph Engelmann gestiftet. Die bis in die Gegenwart erhaltene Orgel wurde damals von Orgelbaumeister Opitz aus Dobra bei Ronneburg gefertigt, hat 13 klingende Stimmen und schlug mit 733 Talern zu Buche. Im Visitationsbericht von 2007 heißt es dazu: „Ein ordentliches, gut spielbares Instrument.“ Seit Dezember 1907 verfügt die Kirche zudem über elektrisches Licht. „Zum Hauptgottesdienst des ersten Weihnachtsfeiertages 1907 erstrahlte das Gotteshaus zur großen Freude der Gemeinde zum ersten Male in elektrischem Lichte“, heißt es in der „Neuen Sächsischen Kirchengalerie“. Zuvor waren seit 1891 zu diesem Zweck Petroleumlampen eingesetzt worden.
Die Kirche ist bis heute vom Friedhof umgeben, den stattliche, alte Bäume zieren. 2011 wurde dort eine neue Trauerhalle fertiggestellt, die es Angehörigen ermöglicht, würdevoll Abschied von ihren Verstorbenen zu nehmen.
Heute bildet Niederschindmaas eine Kirchengemeinde mit Dennheritz, die mehr als 500 Mitglieder zählt. In der Regel finden die Gottesdienste jeweils im Wechsel statt. Seit mehr als zehn Jahren bildet Dennheritz-Niederschindmaas eine Schwesternkirchengemeinde mit Gesau. Sie teilen sich Pfarrer und Kantor, haben die Jugendarbeit weitgehend zusammengelegt, sind aber nach wie vor eigenständig, was sich nach außen hin darin zeigt, dass beide Gemeinden eigene Kirchenvorstände sowie eigene Pfarrbüros unterhalten.
Unter den heute aktiven Gemeindekreisen in Niederschindmaas ist vor allem der Frauendienst zu nennen, der inzwischen auf eine mehr als 80-jährige Geschichte zurückblickt. Die Jugendarbeit wird inzwischen gemeinsam mit Dennheritz und Gesau organisiert. Mit der Freiwilligen Feuerwehr wird alljährlich am Volkstrauertag der in den Weltkriegen gefallenen Soldaten sowie der verstorbenen Feuerwehrleute gedacht; seit einigen Jahren veranstaltet die Kirchengemeinde zum Herbstfest auf dem Mühlenhof einen Gottesdienst, der stets sehr gut besucht ist. Zudem öffnet die Gemeinde zum Radlersonntag im Mai alljährlich ihre Kirchentüren und lädt bei Ausstellungen von Künstlern der Region und Orgelmusik zum Verweilen ein.